Ein bestens erholter und – vielleicht gerade deshalb – kämpferischer Fraktionsvorsitzender Armin Lauer stand im dritten Sommer-Interview dem Rödermark-Redakteur der Offenbach-Post, Michael Löw, Rede und Antwort. Lauer sprach mit diesem über Oppositionslust und -frust und die Rollenverteilung im Bürgermeisterwahlkampf.
Herr Lauer, wie oft haben Sie in den vergangenen zwei Wochen an die Rödermärker Stadtpolitik gedacht?
Wenn ich ehrlich bin – und das sollte man von Politikern jederzeit erwarten dürfen – so gut wie gar nicht. Ich habe die Ferienzeit genutzt und zusammen mit der Familie unseren Jahresurlaub auf der Insel Rhodos genossen.
Wie kann man als führender Kommunalpolitiker denn am besten abschalten?
Einfach mal die Seele baumeln lassen, andere Länder, Menschen und Sitten kennen lernen. Dies ist eine tolle Erfahrung. Auch ein schönes Essen mit einem guten Glas Wein gehört dazu. Ebenso mit der Familie gemeinsame Unternehmungen zu machen. Gerne greife ich zur Entspannung auch zu einem Buch.
Willkommen zurück in der Stadtpolitik. Was fällt Ihnen bei Rossmann und Sauna-Privatisierung ein, den letzten Themen vor Ihrem Urlaub?
Wir sind für eine Ansiedlung eines Drogeriemarktes in der Senefelderstraße. Hierfür sind aus unserer Sicht schleunigst die politischen Voraussetzungen zu schaffen. Übrigens haben wir dies auch in einen Antrag an die Stadtverordnetenversammlung zum Ausdruck gebracht. Gespannt sind wir aber, wie sich die Koalition aus ihrer bisherigen Haltung zur Nicht-Ansiedlung befreien will oder ob diese am Ende ihre bisherige Position doch beibehält.
Das Wort Saunaprivatisierung gefällt mir nicht. Es geht bei dieser Entscheidung darum, dass die Bereiche Sauna, Wellness und Gastronomie an einen privaten Betreiber verpachtet werden sollen. Das hat meines Erachtens eine ganz andere Qualität. Wenn aber mit der Verpachtung eine spürbare Verringerung des jährlichen Defizites erzielt werden kann und gleichzeitig das Erholungsangebot für die Bürger aufrecht erhalten wird, sollten die Verhandlungen mit dem Interessenten zügig und zeitnah zum Abschluss gebracht werden. Das Ergebnis der Verhandlungen werden wir allerdings sehr genau bewerten.
Lust oder Frust – was hängt die SPD Rödermark hinter das Wort Opposition?
Ehrlich gesagt mehr Lust als Frust. Nicht alles, was die Koalition in Rödermark entscheidet, ist richtig oder für die Bürger nachvollziehbar. Unsere Aufgabe ist es, den Bürgerinnen und Bürger aufzuzeigen, dass wir eine wählbare Alternative zu den derzeitigen Protagonisten sind. Ich finde, dass wir unsere Rolle als Oppositionsfraktion in den letzten Jahren sehr gut bewältigt haben. Wir haben die Fraktionsarbeit geöffnet und zahlreiche Veranstaltungen zu Fachthemen organisiert. Brennpunkte in der Stadt wurden bei der jährlich stattfindenden Sommerfraktion oder in Netzwerkgesprächen aufgegriffen. Unsere Öffentlichkeitsarbeit kann sich im Vergleich zu anderen Fraktionen sehen lassen. Zahlreiche gute Anträge wurden unsererseits in die städtischen Gremien eingebracht. Doch bei vielen dieser Anträge ist dann auch schon mal Frust entstanden, weil gute Anträge von der Koalition einfach abgelehnt wurden.
Und das haben Sie bei welchen Abstimmungen besonders gemerkt?
Bei der Kürzung der Vereinsförderung, die wir nach wie vor für falsch halten. Aber auch beim Hickhack um dem Verkauf des Bahnhofs Ober-Roden, dem Rückzug beim Stadtbus, beim Umbau der B 486 in Waldacker, dem Wunsch nach mehr Wohnraum mit Sozialbindung, die bessere Unterstützung der Tagespflegepersonen oder die Ablehnung von Haushaltsanträgen, um hier nur einige zu nennen. Die Liste wäre problemlos erweiterbar.
Was war der absolute Tiefpunkt für Sie?
Die Verabschiedung des Doppelhaushalts im Frühjahr. Das Vorgehen war eine Farce. Am Ende sollten wir über Anträge abstimmen, die wir vorher in der Fraktion noch nicht einmal diskutieren konnten. Das Fass war damit zum Überlaufen gebracht. Wir mussten gegen dieses arrogante Vorgehen ein Signal setzen und haben die Sitzung verlassen.
Welche Note hat Schwarz-Grün verdient? Oder andersrum gefragt: Wo steht Rödermark nach vier Jahren Koalition aus CDU und AL?
Ich will kein Lehrer spielen und Noten vergeben. Die Frage, wo Rödermark nach vier Jahren Koalition steht, will ich gerne beantworten. Die augenblickliche Zweidrittel-Mehrheit tut der Stadt alles andere als gut. Eine Handschrift in der Koalition kann ich beim besten Willen nicht erkennen. Die einstige Domäne der CDU, wirtschaftspolitische Akzente zu setzen, ist in Rödermark seit Jahren ausgeblendet. Stattdessen, so mein Eindruck, macht die CDU alles mit, was ihr Juniorpartner AL/Die Grünen ihr auftischt. Einige Fauxpas gab es in der Koalition ja nun auch. Ich nenne beispielhaft die Themen Thälmann-Weg und Kita-Gebühren. Die Entscheidungen der Koalition hatten auf Grund des anhaltenden öffentlichen Drucks gerade einmal Haltbarkeitsdauern von 72 Stunden.
Jetzt gibt’s aber Saures für die Mehrheit…
Ja, denn viele Probleme sind aus meiner Sicht bis dato ungelöst. Diese im Stenogrammstil: Schnelles Internet fehlt nach wie vor und bringt unter anderem Nachteile für Unternehmen. Investitionen bei den Feuerwehren sind zurückgestellt, dringend benötigter sozialer Wohnraum wurde bisher nicht geschaffen. Auch Straßensanierungen können nicht erfolgen, ebenso stockt die Ortskernentwicklung in Ober-Roden und Urberach. Ich sehe darin alles andere als eine erfolgreiche Politik.
19,8; 13,3; 4,6: Was sagen Ihnen diese Zahlen?
Das waren die Ergebnisse unsere letzten drei Bürgermeisterkandidaten (in Prozent) in Rödermark. Ich gebe unumwunden zu, dass dieses keine Erfolgsstory ist.
Woher nehmen Sie die Hoffnung, dass Samuel Diekmann die SPD aus diesem – sagen wir’s mal ungeschminkt – Jammertal herausführt? Er hat Mut bewiesen und Missstände an der Urberacher Skaterbahn, einem Vorzeigeprojekt von Bürgermeister Roland Kern, beim Namen genannt. Doch danach wurde es allerdings ziemlich still um ihn.
Wir jammern nicht, wissen aber selbst, dass wir es bei der nächsten Wahl schlichtweg besser machen müssen. Und daran arbeiten alle in dieser SPD mit. Unser Kandidat ist jung und zielstrebig, weiß was er will, hat Charisma. Und genau das ist es, was uns an ihm gefällt. Politisch hat er an Ortsbegehungen und vielen Treffen der SPD mit Vereinen und Institutionen teilgenommen. Diese Hintergrundarbeit wird öffentlich kaum wahrgenommen. Überdies ist er in sozialen Netzwerken politisch äußerst aktiv. Ich bin mir ganz sicher, dass die Bürger noch einiges von Samuel Diekmann zu hören und sehen bekommen. Diekmann steht nicht für Schnellschüsse, sondern setzt gerne Treffer. Dass er den Mut hat, sich auch unbequemen Fragen zu stellen, hat er, wie Sie ja selbst ausführen, bereits bewiesen Die Wahl zum Bürgermeister ist eine Persönlichkeitswahl. Da entscheidet am Ende auch die Sympathie. Und da ist vieles, wenn nicht sogar alles, möglich.
Wer hat denn bei der Bürgermeisterwahl den größten Druck? Der vermeintliche Underdog oder der mutmaßliche Favorit?
Ich will bei unserem Kandidaten nicht von einem Underdog reden. Der größere Druck lastet aber ganz sicher nicht auf ihm. Er hat nichts zu verlieren – kann eigentlich nur gewinnen. Die letzte Bürgermeisterwahl in Seligenstadt hat doch gezeigt, was passieren kann. Am Ende hat die CDU den Staffelstab in einer notwendigen Stichwahl kurz vor der Ziellinie verloren. Aufgehoben hat ihn der vermeintliche Underdog. Warum also soll derartiges nicht auch in Rödermark möglich sein?